Schwester Thekla steht vor einigen Weinregalen: Nonnen der Abtei Sankt Hildegard in Rüdesheim bauen eigenen Wein an

Lange Tradition in Abtei St. Hildegard im Rheingau

Nonnen bauen in Rüdesheim eigenen Wein an

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Stefan Schmelzer
Stefan Schmelzer ist Reporter im SWR Studio Mainz

An den Feiertagen wird sicherlich die eine oder andere Flasche Wein geköpft. Einst brachten ihn die Römer, im hessischen Rüdesheim hat der Wein aber auch eine lange christliche Tradition. In der Abtei Sankt Hildegard wird er von Nonnen angebaut.

Schwester Thekla sitzt in ihrem Büro im Keller des Klosters. Überall sind Wein- und Sektflaschen in den Regalen. Der Inhalt der Flaschen wurde in der Abtei Sankt Hildegard von den Nonnen selbst produziert.

Und Schwester Thekla, die seit 33 Jahren in dem Orden ist, ist quasi die Chefin des Ganzen. Seit 1998 leitet die gebürtige Bremerin das Weingut des Klosters. Anfangs hatte sie zwar überhaupt keine Beziehung zum Wein, aber das lernte sie schnell.

Ich habe mich da im Laufe der Jahre dann so reingearbeitet.

In der klösterlichen Gemeinschaft in Rüdesheim müsse jeder auch eine Aufgabe übernehmen, die zum Lebensunterhalt beitrage, berichtet die 59-Jährige. "Und da hat mich unsere damalige Leiterin einfach für den Weinanbau eingeteilt", erzählt Schwester Thekla.

Ausgebildete Winzerin und Nonne

Unterstützt werden sie und die anderen Nonnen von einem Winzermeister, der beim Kloster angestellt ist. "Da ich aber auch alles verstehen wollte und mich mit ihm auf Augenhöhe unterhalten wollte, habe ich eine zweijährige Ausbildung zur Winzergesellin absolviert", berichtet Schwester Thekla weiter.

1998 begab sich die damalige Leiterin des Weingutes in den Ruhestand, soweit das in einem Kloster überhaupt möglich ist. Und Schwester Thekla übernahm den Job. Sie kennt sich inzwischen nicht nur mit dem Wein aus, sondern auch mit der langen Geschichte des Anbaus im Kloster.

Hildegard von Bingen hat das Kloster gegründet

Die Wurzeln des Klosterweinguts reichen zurück bis ins 12. Jahrhundert. Bereits die Gründerin und Namensgeberin der Abtei, die heilige Hildegard von Bingen, beschäftigte sich mit dem Anbau von Wein. Und, so erzählt Schwester Thekla, Hildegard habe das Trinken von Wein auch aus medizinischen Gründen empfohlen.

Das Trinkwasser war damals ziemlich dreckig, da wurde es häufig mit Wein aufgefüllt.

Denn der Wein sollte zumindest ein paar Bakterien im Wasser abtöten. "Außerdem hat Hildegard festgestellt, dass der Konsum des Weins die Zunge lockert. Dadurch wurden die Menschen geselliger", erzählt Schwester Thekla.

Nonnen verkaufen Wein seit dem 20. Jahrhundert

Mit dem Weinverkauf starteten die Nonnen in Rüdesheim aber erst im 20. Jahrhundert durch. Davor wurden die Reben zum Eigenbedarf angebaut. "Er wurde vor allem als Messwein benutzt", erzählt Schwester Thekla.

"Vielleicht verkauften die Nonnen auch ein paar Liter aus den Fässern heraus, aber richtig kommerziell wurde es erst Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre." Damals kam der sogenannte Glykol-Skandal auf. Einige Winzer mischten ihren Wein mit dem Frostschutzmittel. "Da kamen viele Weintrinker zum Kloster und sagten: Ihr panscht euren Wein ja nicht, können wir den von euch kaufen?", erinnert sich Schwester Thekla.

Kloster-Weingut: Schwerpunkt liegt beim Riesling

Inzwischen werden in der Abtei Sankt Hildegard auf einer Fläche von 7,5 Hektar Reben angebaut - und das unter modernen Bedingungen. Bis zu 50.000 Flaschen Wein, Sekt und Prosecco werden so jedes Jahr produziert. In dem Kloster wird hauptsächlich Riesling hergestellt, er macht etwa 83 Prozent der Gesamtmenge aus.

Weinflaschen mit Etiketten des Klosters: Nonnen der Abtei Sankt Hildegard in Rüdesheim bauen eigenen Wein an
Bis zu 50.000 Flaschen Wein, Sekt und Prosecco werden im Kloster in Rüdesheim jährlich hergestellt und verkauft.

Kloster beliebtes Ausflugsziel im Rheingau

Die Weine aus der Abtei Sankt Hildegard sind vielfach prämiert. Verkauft wird alles online und ihm eigenen Klosterladen - auch ein beliebtes Ausflugsziel im Rheingau. Das Weingut sei das einzige, das gänzlich von Ordensleuten geführt werde, sagt Schwester Thekla.

Ein Gläschen darf es auch im Kloster sein

Bleibt nur noch die Frage zu klären, ob die Ordensschwestern auch ihren Wein trinken. Dazu sagt Schwester Thekla: "Unser Ordensgründer Benedikt von Nursia hatte bereits im Mittelalter schriftlich festgehalten, dass eine Hemina pro Tag getrunken werden darf. Eine Hemina ist eine Masseinheit, die ungefähr 0,25 bis 0,4 Litern entspricht." Es sei aber jetzt auch nicht so, dass sich jede Schwester abends eine Flasche Wein mit aufs Zimmer nehme.

"Wein schmeckt am besten, wenn man ihn in Maßen genießt, auch, um ihn und den Moment wertzuschätzen.

Dieses maßvolle Trinken ist ihrer Meinung nach aber leider ein bisschen abhanden gekommen. Vielleicht denkt der eine oder andere zum Beispiel am Vatertag noch einmal darüber nach, ergänzt sie augenzwinkernd.

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